Als in der Öffentlichkeit Ausgangsbeschränkungen und Notbremsen diskutiert wurden, erhielt Tatiana die Bestätigung für die Teilnahme am Maimarktturnier 2021 in Mannheim. Während andernorts Turniere reihenweise abgesagt wurden, hielten die Veranstalter am Neckar an ihrem Vorhaben fest, obwohl mit der Verbreitung des Herpesvirus im Kreis der internationalen Spitzenpferde eine zweite Ansteckungsgefahr gemeistert werden musste.
Diavolessa zeigte sich in Mannheim nervenstark und abgeklärt
Mannheim hat die beiden Herausforderungen angenommen. Das war mutig und ein großes Entgegenkommen an die europäische Dressurszene. Dafür einen herzlichen Dank an den Veranstalter, der enorme organisatorischen Herausforderungen zu meistern hatte, aber ohne Publikum wohl gleichzeitig auf wesentliche Einnahmen verzichten musste. Und trotzdem konnte er ansehnliche Preisgelder für diese vier Sterne Prüfungen einwerben.
Natürlich stand die Veranstaltung ganz im Zeichen der Pandemie. Ein striktes Hygienekonzept verlangte von allen, die das Wettkampfgelände betraten, einen tagesaktuellen negativen Test. Also war die erste Aktion jeden Morgen bei Ankunft der Gang zum Testzentrum. Die Organisation hatte auf einfache und effektive Abläufe geachtet, unterstützt durch entsprechende Apps auf dem Handy, so dass die Daten bereits am Heimatort erfasst und vor Ort mit einem Click abgerufen werden konnten. Ankunft und Verlassen des Geländes wurde mit einer App protokolliert. Dumm nur, wenn man das Passwort für die Mail mit dem Testergebnis vergessen und das Handy just in dem Moment seine Energie verbraucht hatte, als man auf das Testergebnis wartete. Auch von den Teilnehmern wurde ein souveräner Umgang mit den modernen technischen Hilfsmitteln erwartet. Muss noch erwähnt werden, dass nur Pferde mit einem negativen Herpes-Test auf das Gelände kamen?
Zum Hygienekonzepte gehörten auch kleine Stallzelte mit einer Maximalbelegung mit vier Pferden, so dass kein Pferd einen unmittelbaren Nachbarn hatte. Es gab kein Restaurant auf dem Gelände, keine Sitzmöglichkeiten, keinen direkten Kontakt mit der Meldestelle. Das alles wurde aber gerne hingenommen, damit überhaupt wieder einmal eine hochkarätige Prüfung stattfinden konnte.
Auch beim Abreiten ließ sich Dia nicht lange Bitten. Sie kooperierte trotz des plötzlichen Wetterumbruchs
Am Mittwoch standen ein Grand Prix zur Qualifikation für einen Grand Prix Special und ein Grand Prix für die Kür auf dem Programm. Tatiana hatte sich für die Qualifikationsprüfung für die Kür entschieden, der am späten Nachmittag angesetzt war. Sie startete als Dritte. Nach zwei Tagen mit herrlichem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen änderte sich das Wetter ausgerechnet zu dieser Prüfung. Dicke Regenwolken waren aufgezogen und heftige Windböen ließen nicht nur die Fahnen knattern, sondern sorgten auch für ein vielstimmiges Konzert schlagender Planen und von klirrender Stahlseilen an den Fahnenmasten. Wie würde Diavolessa auf diese Lärmkulisse reagieren, zumal einige der wogenden Plastikplanen direkt an der Bande bei den Richterhäuschen angebracht waren? Besonders spannend wurde es beim Halten und Rückwärtsrichten. Dort stand nicht nur eine Fernsehkamera, sondern flatterte auch eine Regenabdeckplane munter im Wind. Und was passierte? Nichts! Dia konzentrierte sich ganz auf die Reiterin, zog sich nicht zusammen, blieb schön in der Spur und reagierte prompt auf die Hilfen. Antraben aus dem Stand und weiter ging die Tour. Großes Kompliment an die Stute. Sie hat diese Herausforderung gut gemeistert und blieb in der Prüfung ziemlich cool und konzentriert. Das hatten wir auch schon anders erlebt. Klasse Dia.
Die Prüfung verlief insgesamt ziemlich gleichmäßig. Die Noten variierten zwischen 7.2 und 6.8 mit dem Schwerpunkt auf der 7.0. Zwei Ausreißer gab es: In der Linkspirouette verhaspelte sich Dia und kam aus dem Takt. Hier sackten die Noten auf 5. Im starken Schritt dagegen sah ein Richter diesmal eine 9! Er war auch wirklich gut. Die Richter, die Dia noch nicht kannten, blieben mit 7.0 darunter, insgesamt eine 7.7. Das hatten wir auch schon weniger gut erlebt. Das Gesamtergebnis lag bei 68,978, was Rang 8 bedeutete. Wir waren sehr zufrieden, Dia hatte sich gut gezeigt und natürlich waren wir gespannt, wie es in der Kür am Freitag gehen würde.
Einerwechsel auf gebogener Linie waren ein Highlight der Kür
Die Kür war die letzte Prüfung der Veranstaltung. Die allermeisten Teilnehmer waren bereits abgereist, so dass Dia schon am Donnerstag als einziges Pferd im Zelt wohnte. Es machte ihr aber anscheinend nichts aus. Tatiana eröffnete als erste Starterin die Prüfung. Da die Kür für Mannheim vorher nicht geübt war, fragten wir uns, ob es gelingen würde. Und es gelang. Diavolessa kannte die Abfolge gut, fast zu gut, weil sie mitunter den Übergang zur nächsten Lektion selbst einleiten wollte. Bei der Einleitung der Rechtspirouette legte sie noch einen nicht eingeplanten fliegenden Wechsel mit Zurückwechseln auf die Bahn, was natürlich Punkte kostete. Das war der einzige Fehler. Ansonsten blieben die beiden fehlerfrei. Tatiana hatte ein gutes Gefühl. Die Abstimmung mit Dia gelang gut. Sie hatte sich gut auf Tatiana konzentriert, die mit ihren Hilfen gut ankam. Am Ende gelang eine solide und saubere Kür. Technisch wurden die Lektionen nahezu durchgängig mit 7.0 bewertet. Größere Ausreißer nach unten oder oben gab es nicht. Die künstlerische Note variierte bei den Richtern stark zwischen 72 und 77 Prozent, im Schnitt lag sie bei 74,4 Prozent, so dass das Gesamtergebnis bei ziemlich genauen 72 Prozent errechnet wurde. Das war der achte Rang.
Das war doch eine gelungene Vorstellung, oder?
Was können wir aus Mannheim mit nach Hause nehmen? Dia hat sich in Mannheim deutlich besser auf die Reiterin eingelassen. Tatiana reitet sehr präzise und vermeidet Fehler. Nun geht es um Verbesserungen im Detail, um mehr Noten im Bereich der Acht zu bekommen. So sollte z.B. der starke Trab noch gleichmäßiger vorgetragen werden, die Piaffe sollte konstant gut ausgeführt werden und wünschenswert wäre auch noch etwas mehr Aufrichtung im Galopp. „Da ist noch Luft nach oben“, ist sich Tatiana sicher. Wir sind gespannt auf die nächste Prüfung.
Abschließend gebührt dem Veranstalter ein dickes Dankeschön. Trotz der Corona-Auflagen ist es ihm gelungen, einen ganz hochwertigen Dressurwettkampf zu realisieren. Viele andere hätten unter den Pandemiebedingungen aufgegeben. Dass das die Mannheimer nicht getan haben, ist ihnen hoch anzurechnen.